Meinen Platz einzunehmen, das ist eine Sache, für die ich lange nicht mutig genug war, denn man sagte mir, dass jemand sich beschweren könnte, dass ich ihn unberechtigterweise oder falsch einnehme, also sei es besser, ihn gar nicht einzunehmen.
Doch das nur nebenbei, sagt Vorderbrandner, denn ich erzähle das nur, weil mir auffällt, dass mein Neffe – der mittlerweile einundzwanzig Jahre alt ist – seit der Corona-Zeit seiner Umwelt Probleme bereitet, indem er dauernd einen Platz einnimmt, der nicht seiner ist. Er geht herum mit Kopfhörern in den Ohren, Bierflasche in der einen und Kippe in der anderen Hand. Er geht dabei relativ gerade und statisch, doch manchmal holt er, wenn er Musik hört, die ihm gefällt, mit den Armen aus, dieses Ausholen ist für seine ihn umgebenden Mitmenschen, die die Musik nicht hören, schwer vorauszuahnen. So hat er bei einer dieser Ausholbewegungen vor kurzem einen Fahrradfahrer, der ihn gerade überholen wollte, voll im Gesicht erwischt. Der Radfahrer fiel dabei vom Fahrrad, was mein Neffe aber nicht bemerkte. Der Radfahrer richtete sich auf, fuhr ihm nach und wollte ihn zur Rede stellen, woraufhin mein Neffe widerwillig die Kopfhörer abnahm und meinte: Chill mal, Alter!
Ncoh häufiger passiert es aber, dass er, wenn er keine Kippe oder keine Bierflasche in der Hand, also eine Hand frei hat, sein mobiles Endgerät zückt, auf seinen Bildschirm starrt und dabei mitten auf einem belebten Platz stehenbleibt. Er schafft es dabei, allen Vorbeikommenden im Weg zu stehen. Neulich war ich einer der Vorbeikommenden. Ich stellte ihn zu Rede und sagte: Achte doch auf deine Umwelt! Du stehst total im Weg!
Da antwortete er mir: Es ist wichtig, Onkel Valentin, seinen Platz in der Welt einzunehmen. Das solltest du doch wissen!