Nachts hatte ich geträumt, dass ich sterbe und es nicht geschafft habe, davor mein Leben zu leben. Dass ich wie ein Schatten vergehe, vom Schicksal geworfen, ohne etwas Eigenes, Selbständiges, gewesen zu sein.
Morgens, im Bett liegend, im Zustand des Erwachens, die Sonne leuchtete hell ins Zimmer, glaubte ich dann, ich selbst zu sein. Mein Leben schien in diesem Moment zusammenzulaufen. Alles lag klar vor mir, und ich glaubte zu wissen, wer ich bin.
Du erwachtest neben mir, und bevor du die Augen richtig geöffnet hattest, mehr im Halbschlaf murmelnd als mit klarer Stimme, sagtest du:
Schatten werfen keine Schatten.
Es wäre übertrieben, zu sagen, dass ich über deine Worte erschrak. Aber sie prägten sich ein wie ein erster Gruß am Morgen. Mein Gehirn sprang an und ich wollte dich fragen:
Warum sagst du das?, doch ehe ich es sagen konnte, risst du unsere Decken zur Seite und legtest dich auf mich.
Engumschlungen spürten wir uns. Ich schwebte mit dir kurvenreich über eine blumenreiche Sommerwiese, wie im schwindeligen Rausch, und wir landeten an einer Stelle, wo wir noch nie waren. Ich sah Tränen in deinen Augen und merkte, wie sie auch aus meinen flossen. Dummerweise wollte ich dich fragen, warum du weinst, obwohl ich auch weinte und genau wusste, warum du weinst, warum wir weinen, doch ehe ich dich fragen konnte, sagtest du:
Ich habe geträumt, dass wir nichts sind. Dass wir nur Schatten von anderen sind, ohne jemals wir selbst zu sein.
Aber wir sind doch wir selbst, jetzt, hier, sagte ich, ohne mir überlegt zu haben, dass ich das sagen wollte. In unsere Tränen mischte sich ein Lachen.
Stimmt, sagtest du, wahrscheinlich sind wir wir selbst, weil wir glauben, nicht wir selbst zu sein.