Sein Morgen und sein Abend ist klar strukturiert, und im Prinzip auch der Tag dazwischen. Doch dazu später.
Sein Morgen beginnt mit einem Pro. Er schaut in den Spiegel und ist pro irgendetwas. Es ist egal wofür, nur pro etwas, das ist ihm wichtig, niemals kontra. Er macht eine Ausnahme: Pro sich selbst ist er nie, das verstößt gegen seine Ethik, gegen seine Religion, wenn er auch nicht explizit kontra sich selbst ist. Aber er sagt nie morgens zu seinem Spiegelbild: Heute bin ich pro mich selbst.
Seine Abende sind konkreter: Da gibt es immer Mus. Apfel- oder Pflaumenmus, aber auch Exotischeres wie Kartoffel- oder Erbsenmus, ja, es gibt sogar Fleischmus, was andere als Hackfleisch bezeichnen würden.
Nun zu seinem Tag zwischen Morgen und Abend, der mit Tes, Tan und Tis gefüllt ist, und zwar immer in dieser Reihenfolge. Tes bedeutet für ihn die Beschäftigung mit dem Termersetzungssystem, ein formales berechnungsmodell der Theoretischen Informatik, aber auch das Experimentieren mit Tetraethylsilon. Wenn noch Zeit bleibt, spielt er The Elder Scrolls.
Dann kommt Tan dran, wobei er sich dann mit der Winkelfunktion Tangens, manchmal aber auch mit dem ehemaligen kleinen Lehnsfürstentum desselben Namens beschäftigt.
Tis schließlich ist sein härtester Tagespunkt. Es handelt sich hierbei um das Trauma-Institut Süddeutschland. Dieser Beschäftigungspunkt bringt sein Weltbild gehörig ins Wanken, erfährt er doch hier unter anderem, dass sein großes Vorbild Martin Luther nur deshalb seine Thesen in die Welt setzte, weil er schwer traumatisiert war.
Eines Morgens meldet sich sein Therapeut von Tis bei ihm, als er gerade vom Spiegel kommt und begonen hat, sich mit Tes zu beschäftigen. Er ist noch längst nicht bereit für Tan, geschweige den für Tis. Der Anruf des Therapeuten bringt seine Ordnung in völlige Unordnung und ihn in eine schwere Krise. Sein Therapeut besteht aber darauf, dass es heute sinnvoll sei, sich zuerst mit Tis zu beschäftigen, sich vielleicht den ganzen Tag bis zum abendlichen Mus mit Tis zu beschäftigen, und es leuchtet ihm ein, dass es diese Möglichkeiten grundsätzlich gibt: Statt TesTanTis TisTesTan oder TisTanTes zu machen oder nur Tis zu machen, er kann das intellektuell begreifen, doch es ist ihm unvorstellbar, das auch zu tun, es überfordert ihm emotional derart, dass er den Vorschlag des Therapeuten aufs Vehementeste ablehnt, schwebt doch über all seinem Tun ProTesTanTisMus, und zwar genau in dieser linearen Reihenfolge.
Der Therapeut meint, diese zwanghafte Linearität sei eine Verdrängung der darunterliegenden Traumata, mit der nun Schluss sein müsse.