Ganzheitliche Gastronomie

München ist eine wohlhabende und selbstverliebte Stadt, sagt Vorderbrandner. Am Abend sitzen die Leute in Scharen in Restaurants und Wirtschaften und schlagen sich gemeinsam die Bäuche mit Essbarem voll. Und wenn ich sie so in Scharen sitzen sehe, frage ich mich, sagt Vorderbrandner, wann jeder von ihnen sich einzeln davonschleicht und aufs Klo geht. Oder verdrücken sich die meisten ihre Regungen im Darm und gehen später zuhause aufs Klo? In jedem Fall folgt dem gemeinschaftlichen Essen kein gemeinschaftliches Scheißen, was für mich einen Bruch darstellt, denn beides stellt doch einen untrennbaren gemeinsamen Vorgang dar. Aber es gibt riesige Speisesäle und kleine, verwinkelte, versteckte Klos. Eine künstlich hergestellte Getrenntheit, die der Realität nicht standhält. Deshalb schlage ich vor: Restaurants und Wirtschaften nicht nur mit Speise-, sondern auch mit Scheißesälen. Nach gemeinschaftlicher Speise auch gemeinschaftliche Scheiße, um das gastronomische Erlebnis zu einem ganzheitlichen zu machen.

Viele würden vielleicht Widerstand in sich spüren gegen diese neue Gepflogenheit, denn Neues ist immer ungewohnt, auch wenn es der menschlichen Seele gut tut. So könnte es sein, dass dieser Widerstand sich sogar somatisch äußert und den Flüssigkeitskreislauf im Darm unterbricht, der Kot sich verhärtet und nicht aus dem Darm austreten will. Um diesen am Anfang zu erwartenden Widerständen entgegenzutreten, könnte man zum Beispiel einen eigenen Menüpunkt Nach dem Speisen gemeinsam zum Scheisen einführen, das Wort Scheißen absichtlich mit s statt mit ß geschrieben, um es sanfter und genehmer erscheinen zu lassen, denn so gerne viele über das Speisen reden, so ungern reden sie über das Scheisen. Außerdem könnte man im Scheisesaal ein abortives Getränk reichen, um die Darmtätigkeit anzuregen. In jedem Fall würde dieses gastrononische Gemeinschaftserlebnis helfen, unsere gespaltene Gesellschaft wieder zu einer zu machen.

Die gehobene Gastronomie könnte überlegen, für Gäste, die nicht am gemeinschaftlichen Speisen und Scheisen teilnehmen wollen, zumindest übergangsweise Separées einzurichten, wo sie dann alleine speisen und scheisen. Ich persönlich, sagt Vorderbrandner, verbinde Speise immer mit Scheise, deshalb speise ich meist alleine, da ich anschließend auch alleine scheise. Sonst ist mir der Bruch im Erleben zu groß.