Die Dinge der Welt sind zum Beispiel Städte. Ich verlasse die Stadt Nürnberg mit dem Zug: Die Häuser brausen an mir vorbei, bis ich die Kiefernwälder südlich der Stadt erreiche, die den Anfang des Raums zwischen Nürnberg und München markieren. Es ist Mai, die Sonne steht noch hoch im Westen und beleuchtet das satte Grün zwischen den Kiefern.
Die Dinge brauchen Raum zwischen sich, und der Raum zwischen Nürnberg und München ist ein weiter Raum. In diesem Raum fließt zum Beispiel die Altmühl, ein Ding, das als Fluss bezeichnet wird, eingebettet zwischen Hügeln fließt sie, die der Hochgeschwindigkeitszug, der mich von Nürnberg nach München bringt, durch Tunnel hindurch durchrast. Das Altmühltal erscheint als kurzer Lichtfleck zwischen den Tunneln, und ich schaue sehr konzentriert aus dem Zugfenster, um das in der Sonne glitzernde Wasser der Altmühl kurz zu sehen.
Der Raum zwischen Nürnberg und München ist weit, aber die Zeit in ihm ist im Hochgeschwindigkeitszug kurz. Die Momente rasen dahin, und ich wünsche mir, in der Kutsche über die Hügel und durch die Landschaft zu poltern, um die Momente länger zu erleben. Das ist eine romantische Vorstellung, die ich mir im Hochgeschwindigkeitszug bequem vorstellen kann, im Hochgeschwindigkeitszug, der mich zu dir nach München bringt, und als der Zug in den nächsten Tunnel rast, stelle ich mir vor, wie sich unsere Lippen berühren und ich merke, dass mich das Fahren im Hochgeschwindigkeitszug müde macht und mich sehnen lässt nach der Zartheit deiner Lippen. Wie komme ich überhaupt auf die Idee, durch die Landschaft poltern zu wollen? Schnell zu dir, das ist doch alles was ich will.
Ich erreiche, nach vielen Tunneln: Ingolstadt, und mir stellt sich die Frage, ob der Raum zwischen Nürnberg und München aufgeteilt werden sollte in den Raum zwischen Nürnberg und Ingolstadt einerseits und in den Raum zwischen Ingolstadt und München andererseits. Oder teilen sich nur die Dinge, wie zum Beispiel Städte, Flüsse oder Lippen im Raum auf und der Raum selbst ist unaufteilbar?
Der Raum zwischen deinen Lippen ist unendlich weit. Das wird mir jetzt bewusst, wo ich mich so nach ihnen sehne, und ich nehme mir fest vor, nicht mehr über sie hinwegzuhuschen, als wären sie fest definierte Dinge, die ich zu beküssen habe.