Der sechste Januar ist vorbei, das Fest ist vorbei, das gelangweilte Wohlstandsgesindel hat die Bäume entsorgt, die in Haufen auf den Straßen liegen. Die trockenen Nadeln verströmen einen wunderbaren Duft. Kindern spielen in den Haufen, werfen sich auf sie, verkriechen sich in ihnen.
Es ist ein trockener, klarer, kalter Wintertag. Ich glaube, dadurch ist der Duft der Nadeln noch intensiver. Jedenfalls dringt er unwiderstehlich in meine Nase. Gerade bricht die Dämmerung an, die versinkende Sonne färbt den Himmel im Westen orange. Josefine und ich werfen uns zu den Kindern in den Baumhaufen und nehmen ein Nadelbad. Die ätherischen Düfte betören mich, entzückt rufe ich aus: „Ist das nicht wie Weihnachten!“
„Es ist Weihnachten“, sagt Josefine: „Weihnachten dauert doch bis zweiten Februar, bis Lichtmess, bis der Frühling nicht mehr weit ist. Wir sollten uns angewöhnen, die Bäume bis Lichtmess auf den Straßen liegen zu lassen, um in ihren Düften zu baden. Weihnachten für jedermann!“
Wir liegen in den Zweigen und sehen im Osten den Mond auftauchen. „Weihnachten!“, sage ich nachdenklich: „- Alle sind froh, wenn Weihnachten vorbei ist. Am meisten die psychiatrischen Ambulanzen, die an Weihnachten besonders voll sind. Auch ich habe mir angewöhnt, froh zu sein, wenn Weihnachten vorbei ist, wenn der Zwang zur Liebe sich wieder verzogen hat, aber…“ – ich richte meinen Blick zu Josefine, während hinter ihr der erste Stern am Himmel erscheint: „aber wenn Weihnachten so ist, wie du es beschreibst, mit Nadelbad für alle, dann bin ich froh, wenn Weihnachten ist.
Wie gut, dass noch bis Lichtmess Weihnachten ist!“