Fortsetzung von Teil 1
Ah, Amberg! sagte Matthew, als sei ihm plötzlich die Erleuchtung gekommen: Ich weiß Amberg!
Er tippte in sein Handy und fuhr los, er schien einen genauen Plan zu haben, wo wir hinfahren, aber er ließ sich nicht in die Karten schauen beziehungsweise auf sein Handy, wo ich hätte sehen können, wo er sich hinnavigieren lässt. Fast schien es mir, dass er Angst hatte, ich würde sagen, dass wir da nicht hinfahren sollen, wo er hinfahren will.
Eines war mir bald klar: Wir fuhren nicht nach Amberg, da hätten wir uns von Weiden südwestlich halten müssen. Wir fuhren aber eher nach Südosten, an der Grenze zu Tschechien entlang, Richtung Bayrischer Wald. Bei Kötzting, wir waren sicher schon an die hundert Kilometer von Weiden gefahren, sagte ich: Bald hört die Oberpfalz auf, bald kommen wir nach Niederbayern.
Ja gut, sagte Matthew, wir sind gleich da, wir sind gleich Amberg. Er bog in eine Straße ein, die uns durch einen Wald zu einem Parkplatz führte. Dort stellte er den Wagen ab. Ich war verwirrt: Erst lässt er sich von mir durch die Oberpfalz führen, dann steuert er zielsicher einen Parkplatz in einem Wald bei Kötzting an, als hätte er nur das vorgehabt.
Wir sind Amberg, sagte Matthew: Ich hoffe, du gehst mit auf dem Berg!
Am Berg, nicht in Amberg, sagte ich, mehr zu mir als zu Matthew, und fühlte mich selber reingelegt von meinen Wortspielen.
Wir gingen zum Kreuzfelsen hoch, der eine schöne Aussicht auf das Kötztinger Tal und die bergig-hügelige Umgebung bietet. Auch das wusste Matthew genau. Ich spürte seine Freude und Aufregung, als wir durch den Wald nach oben gingen. Am Felsen angekommen, kletterten wir ganz nach oben zum Kreuz. Matthew blickte herum und war sehr ergriffen:
Es ist ein großer Moment für mich, sagte er: Mein Großvater erzählte mir, als ich war ein Kind, dass sein Vater, als er war ein Kind, von Kötzting hier hochgelaufen ist auf die Kreuzfelsen und dachte: Eines Tages ich gehe nach Amerika. Und er ist gegangen.
Wir blickten umher, das Wetter war schön, die Luft klar und bot eine wunderbare Sicht. Dann bat mich Matthew, ein Foto von ihm zu machen.
Nachdem Matthew das Foto angesehen hatte, sagte er: Ich bin sehr stolz auf diese Foto, Emil, obwohl keine Weiden es ist darauf zu sehen!
Er lächelte zufrieden, als hätte ich ihm die größte Freude gemacht, die ihm jemals in seinem Leben widerfahren ist. Dann sah ich das Foto an: Matthew und hinter ihm das Kötztinger Tal mit seinen Wiesen und Weiden. Matthew auf den Spuren seines Urgroßvaters.
Ich nannte das Foto Matthew und die Weiden in der Oberpfalz, aber nur für mich, ich sagte es Matthew nicht.