Prozession

Ich weiß nicht mehr, wann es war. Meine Aussicht war jedenfalls so:

Ich war draußen, soviel kann ich aufgrund dieser Photographie feststellen, nicht unter freiem Himmel, nein, unter einem Baum, unter einer Linde, wie ich bei genauer Betrachtung des Blattwerks erkenne, und jetzt erinnere ich mich, ja, ich erinnere mich an ein Hämmern, ich ging diesem Hämmern nach, bis ich einen Buntspecht sah, der auf das Holz der Linde hämmerte. Ich war aufgestanden, um nach dem Buntspecht zu sehen, ich fühlte mich bewegt, etwas bewegte mich. War es die Musik, die ich vernahm,

ohne sie zu hören, die mich bewegte, nein, ich hörte sie nicht, dennoch war sie in meinem Ohr, nein, nicht in meinem Ohr, mehr in meinem Magen, oder in meinem Herz, ja, in meinem Herz: Es öffnete sich. Ich sehe ein ganzes Orchester in der Blumenwiese, Ludwig sitzt ruhig daneben und lauscht seinem Werk. Bist du es wirklich, Ludwig? frage ich, ich bin gerührt, aber da ist er verschwunden, er und das Orchester. Die Musik bleibt bei mir, sie bewegt mich, sie bewegt mich durch die grüne Natur des Frühsommertages. Die Bienen schwirren über die Wiese, mir schwirrt der Kopf, etwas bewegt mich, ich bewege mich fort im Rhythmus der Musik, es ist eine Prozession, ja, endlich habe ich das Wort gefunden, es ist eine Prozession durch das Wunder des Lebens, und ich lebe mitten in diesem Leben, diesem Leben, das ich nun aufzählen will: Da wäre zunächst der Regenwurm unter mir und weiters der Buchfink über mir, aber halt: Ich stoppe mein Aufzählen, mein Aufzählen weicht meinem Staunen. Das Graben des Regenwurms, der Gesang des Buchfinks, aber vor allem Ludwigs Musik, etwas bewegt mich, immer heftiger, ich fliege und drehe mich, bis ich mir schließlich keiner Perspektive mehr sicher bin

und ich spüre: Wie schön ist dieses Leben, wenn ich es mit Liebe betrachte. Ludwig, bist du noch da? Ja, ich glaube, dort hinten im Gras, in den Blumen, da sitzt du. Meine Empfindungen, wie soll ich sie beschreiben? Bei meiner Prozession durch die grüne Natur dieses Frühsommertages. Deine Musik beschreibt doch schon alles.