Beute und Beate 3: Hansis Brief

Fortsetzung von Teil 2

Wir saßen wie hingemalt im Gras, Ute und ich. Das Leben aber ging weiter. In diesem Weiter bestrahlte die tiefer werdende Sonne die grünen Baumkronen, auf denen die Vögel begannen, ihre Abendlieder anzustimmen. Ute schob mir langsam einen zusammengefalteten Zettel in die Hand. Ich faltete ihn auseinander und begann zu lesen:

Meine liebste Beute,

ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, vielleicht Bezogenheit auf dich, es ist auch nicht wichtig, jedenfalls fühle ich mich dir immer noch sehr verbunden, dir, die du in Unliebe zu dir selbst so oft mit dir unverbunden bist. Ich kenne das von mir, habe mich von Unliebe immer wieder anstecken lassen und mich dann selbst nicht geliebt. Vielleicht ist Unliebe die ansteckendste Krankheit dieser Welt, dabei wollen wir die Liebe, alle von uns, aber gleichzeitig haben wir Angst vor ihr, denn die Liebe ist groß und mächtig.

Ich bin fest entschlossen, die Liebe zu leben, durch alle Widerstände hindurch, und deshalb sage ich dir jetzt, dass ich dich nicht mehr sehen will, nicht weil ich dich nicht liebe, sondern weil ich dich liebe und weil ich spüre, dass wir uns in Unliebe verstricken und die Liebe nicht mehr sehen.

Heute Morgen fühle ich mich frei, ich spüre die Liebe. Ich kann über die Wut und Trauer, die ich dir gegenüber auch spüre, hinwegsehen und sagen: Ich wünsche dir und mir und der Welt die Freiheit für die Liebe, ich wünsche mir Begegnungen ohne Mauern, bei denen sich Herzen treffen und miteinander singen.

Fühl dich geliebt, von mir und der ganzen Welt!

                                Hansi

Ich legte den Zettel wieder in Utes Hand. Wortlos blickten wir über die Baumkronen zum blauen Himmel hoch. Lauschten den Abendliedern der Vögel. Die Sonne grüßte tief von Westen. Wir standen auf. Schritten durch grüne Auen. Langsam und bedächtig. Schweigend. Wir erreichten die Stadt. Selbst die harten Straßen lagen mild im sanften Dämmerlicht. Aus einem Fenster klang ein Klavier. Ich blieb unter dem Fenster stehen und sagte zu Ute: Das ist Hansi! Ute fiel mir in die Arme und drückte sich an mich, dass ich ihren Herzschlag spüren konnte.