So stehen die Dinge also, dachte es in meinem Kopf, aber natürlich war das falsch gedacht, denn die Dinge stehen nicht, niemals, sie gehen auch nicht, was naheliegend wäre wenn sie nicht stehen, aber das ist zu sehr von den Beinen gedacht. Sie bewegen sich, sind immer im Fluss, wie ich gelesen habe, aber ich habe es nicht nur gelesen, ich spüre es auch an meinem Leib, wie es auf meiner Haut kribbelt und krabbelt, wie es in meinem Bauch gluckert und blubbert, und wenn ich mir Zeit und Ruhe nehme, spüre ich, wie das Blut durch mein Fleisch rauscht.
Wie kommt mein Kopf also auf die Idee, dass die Dinge stehen? Es scheint eine fixe Idee zu sein, von der ich nicht loskomme, so fix, dass ich glaube, dass du mich nicht liebst, obwohl mir deine Augen jedesmal, wenn sie in meine schauen, das Gegenteil sagen, sie sagen mir: Ich bin deine Frau, sei du mein Mann, und wir lieben uns!, aber in dem Moment, in dem mir deine Augen das sagen, schrecke ich zurück, ich fessle mich selbst an das Bett, an das ich gefesselt war, mein Blick wird trüb und ich sehe dich nur noch durch eine dicke Scheibe. In mir weint es, weil ich mir die Liebe nehme, die mir einst genommen wurde. Ich traue der Liebe nicht. Auch deiner nicht.
Traust du deiner? Ich sehe den Chor der gefangenen Frauen, gefoltert durch die Jahrhunderte, und ich weiß nicht: Singst du mit dem Chor, oder trittst du aus ihm heraus? In meiner Gefesseltheit singst du mit ihm im ewigen Trauergesang. In meinen freien Momenten, in denen ich die Fesseln zerreisse und mein Blick klar wird, trittst du aus dem Chor heraus, stehst da, schutzlos und nackt, anmutig und voller Liebe, und obwohl du stehst, bewegt sich alles an dir und um dich, und auch bei mir bewegt sich alles, ich komme zu dir, schutzlos und nackt und voller Vertrauen, und wir tanzen den Tanz der Liebe.