Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass ich gerne woanders wäre als da, wo ich gerade bin. Dann halte ich inne und spüre zu meinem Erstaunen, dass ich gerade da gerne bin, wo ich gerade bin. Schließlich habe ich entschieden, dass meine Füße mich da hintragen, wo ich gerade bin.
Sein, wo man ist, das ist eine Sache, die gar nicht so leicht festzustellen ist, denn ich bin überall und nirgends, an irgendeinem Ort im Universum, den ich glaube, bestimmen zu können. Früher, als die Erde eine Scheibe war, da blieb man besser wo man ist, ohne lange zu fragen, wo man überhaupt ist. Nur die sehr Mutigen wagten sich an die Ränder vor, auf die Gefahr hin, hinunterzufallen. Heute ist die Erde eine Kugel, und ich brauche keine Angst mehr zu haben, von ihr hinunterzufallen, und trotzdem habe ich Angst. Keine Angst mehr vor dem Hinunterfallen, eine diffuse Angst, aber eine so große Angst, dass ich vor dieser Angst am liebsten davonlaufen möchte, ich würde bei diesem Davonlaufen sogar riskieren – wenn die Erde noch eine Scheibe wäre – an ihrem Rand hinunterzufallen, so groß ist diese Angst.
Doch vielleicht verursacht gerade das meine Angst, dass die Erde keine Scheibe mehr ist, sondern eine Kugel, dass es keinen Anfang und kein Ende gibt, sondern dass alles immer weiter geht, und wenn ich das Universum einmal umrundet habe, ich an seinem Anfang stehe. Es ist nicht die Angst vor dem Tod, die ich spüre, sondern die Angst vor dem Leben, dass das Blatt, das im Herbst vom Baum fällt, im Frühling wieder an ihm wächst, es ist ein neues Blatt, es ist anders als das alte Blatt, und doch trägt das neue Blatt das alte in sich. Ich bin ein eigener Mensch, und doch trage ich die Menschheit in mir, und eines Tages wird mein Leib, mit dem ich mich hier auf der Erde bewege, zur Erde sinken wie das Blatt vom Baum, ich werde dadurch neues Leben ermöglichen. Eines Tages wird sogar der Baum mit seinem mächtigen Stamm zur Erde sinken, eines Tages wird sogar die Erde im All versinken. Aber noch bin ich hier, bewege mich auf der Erde.
Heute morgen bin ich erwacht und dachte: Aha, ich habe mich in der Nacht nicht in den Weiten des Alls verloren, sondern bin wieder auf der Erde gelandet. Ich recke und strecke mich, ich sehe meine Haare im Spiegel, zerzaust von ihrem nächtlichen Ausflug ins All und sage zu mir: Ich bin gerade gerne da, wo ich gerade bin.