Mein Vater hat viele Dinge aus Metall erschaffen, die dann, sobald er sie erschaffen hatte, so etwas wie ein Eigenleben entwickelten, also wie lebendig erschienen.
Einmal kam er auf die Idee, Weihnachtsbäume aus Metall zu schmieden. Er meinte, so müsse man nicht jedes Jahr Schlange stehen vor den Ständen, um einen echten Baum zu kaufen. Sondern man hat einen Baum aus Metall zuhause, einen Baum für die Ewigkeit. Und um das ganze abzurunden, schuf er noch einen zweiten Ersatzbaum aus Metall. Meine Mutter überzeugte das jedoch nicht, und so kauften wir fortan weiter echte Bäume.
Ich habe dann, als ich erwachsen wurde und in die Welt zog zum Studieren und Arbeiten, die Bäume aus den Augen verloren. Ich wusste nicht, was aus ihnen geworden war. Ich dachte manchmal daran, dass sie Jahr für Jahr darauf warten, zu Weihnachten im Lichterglanz zu erstrahlen, um dann wieder in einer dunklen Ecke stehen gelassen zu werden. Das Warten metallener Weihnachtsbäume auf Weihnachten stelle ich mir fast schlimmer vor als das Warten Vladimirs und Estragons auf Godot im Stück von Beckett. Ich habe gehört, metallene Weihnachtsbäume haben kein Zeitgedächtnis, und so warten sie ohne ein Gefühl dafür, wie lange es noch dauern könnte, bis endlich Weihnachten ist.
Vor ein paar Tagen dann traute ich meinen Augen nicht. Der metallene Weihnachtsbaum stand da, an einem heißen Sommernachmittag, festlich geschmückt und bereit für das große Fest. Sein Bruder, der Ersatzbaum, hingegen, hat sich seiner Reservistenrolle gefügt und lag schmucklos daneben.
Warten sie auf Weihnachten, oder genießen sie den warmen Sommer, um den Winter wie immer in einer dunklen Ecke zu verbringen? Ich fragte mich, ob metallene Weihnachtsbäume denn einen wirklich heißen Sommertag genießen können. Ihnen muss doch viel heißer sein als uns Menschen aus Fleisch und Blut. Sie blieben stumm. Und trotzdem haben sie mir so viel gesagt, die metallenen Weihnachtsbäume meines Vaters.