Ein Franzose namens Jean Allemand saß mit mir auf dem Podium und eröffnete die Diskussion mit folgenden Worten:
Es ist seltsam – es habt in die deutsche Sprache die Worten Egel und Igel, aber nicht die Worten Agel, Ogel und Ugel.
Ich erwiderte, dass dies so nicht stimme, dass es vor allem für Menschen mit französischen Sprachhintergrund die Wörter Agel, Ogel und Ugel sehr wohl gebe. Es werde lediglich ein H vorangestellt, welches von den Menschen mit französischem Sprachhintergrund nicht ausgesprochen wird. Aus dem Agel wird so der Hagel. Aus dem Ogel wird der Hogel, welcher durch konsonantale Verschiebung zum Hobel geworden ist. Und aus dem Ugel wurde das deutsche Wort Hugel, welches heute auch im Singular in seiner Pluralform Hügel gesprochen wird.
Besonders trickreich ist die Sache ausgerechnet bei den Wörtern Egel und Igel, denn wenn man diesen im Deutschen ein H voranstellt, werden sie zu Wörtern mit eigener Bedeutung. Ein Hegel ist ein Philosoph, welcher aber im gesprochenen Französisch der Egel bleibt. Ein Higel, also ein Igel mit vorangestelltem H, ist eine relativ neue Wörtschöpfung von Zuwanderern aus dem slawischen Srpachgebiet, vor allem aus dem Balkan, die sich mit der Aussprache des deutschen Vokals Ü sehr schwer tun und ihn in der Regel durch I ersetzen. Aus dem Hügel wird für sie also der Higel.
Marinko Njemački, der in Bosnien und Kroatien aufgewachsen ist, meldet sich nun zu Wort und sagt:
Das stimmt! Deutsche Sprache, schwere Sprache: Missen iben, iben, iben!
Das Publikum applaudierte nach unseren Ausführungen. Ich war froh, dass ich mit meinen Bekannten einen Beitrag zur Internationalisierung der deutschen Sprache geleistet hatte.
Anton Habergesell ist Bauunternehmer. Sein Sohn aus erster Ehe, der ebenfalls den Namen Anton trägt, ist inzwischen altersmäßig in seinen späten Zwanzigern angekommen. Er eifert seinem Vater nach und hat das Ziel, eines Tages seine Geschäfte zu übernehmen. Aber sein Vater traut es ihm nicht recht zu. Deshalb wird Anton der Jüngere von denen, die ihn kennen, nicht Anton, sondern Beton genannt: Erstens nach dem Baustoff, zweitens weil sein Vater immer A und er immer B ist.
Anton Habergesell der Ältere hat auch eine Tochter, aus zweiter Ehe: Anja. Anja ist zehn Jahre jünger als ihr Halbbruder Anton, altersmäßig also in ihren späten Zehnerjahren und vor kurzem volljährig geworden. Sie eifert ihrem Vater in keinster Weise nach. Seit ihrer Geburt setzt sie ihm Widerstand entgegen, was er mehr schlecht als recht toleriert. Seit sie volljährig ist, lebt sie in einer Hippie-Kommune. Anja wird von denen, die sie kennen, Annein genannt, weil sie zu nichts Ja, aber zu allem Nein sagt.
Anton Habergesell der Ältere ist inzwischen in fünfter Ehe verheiratet. Mit seinen Frauen drei, vier und fünf hat er keine Kinder mehr bekommen. Er sagt, zwei Kinder reichten ihm: Der Sohn klebt an mir wie eine Klette, die Tochter macht nichts als Ärger.
Weil sich nun auch seine fünfte Frau von ihm scheiden lassen will, wie die vier zuvor, hat er, um diese Ehe zu retten, auf Anraten seiner Frau einen Heiler aufgesucht. Der Heiler sagt: Herr Habergesell – alles was geschieht, geschieht zu Ihrem Besten. Hören Sie auf Ihre Kinder – sie wollen ihnen, jedes auf seine Art, etwas Wichtiges sagen.
Damals, im beschaulichen Alpenvorland an der Salzach Anfang der 1990er-Jahre, war das Fernsehen mein einziges Tor zur großen Welt. Ich sah ihn, wie er als fescher Fiesling allen zeigte, dass ihm alles egal ist. Ich sah ihn in einer Welt, von der ich glaubte, sie niemals erreichen zu können.
Vielleicht kam ich auch wegen ihm 2005 nach München, um der Welt näher zu sein, von der ich immer geträumt hatte. 2019, ich hatte ihn und meine jugendliche Schwärmerei für ihn fast schon vergessen, führte uns das Leben zusammen. Ich wurde für eine Bühnenadaption von George Orwells 1984 engagiert, in dem er die Hauptrolle spielen sollte.
Vor der ersten Probe stand ich mit der Kollegin und den Kollegen vor dem Proberaum. Wir warteten auf ihn. Gleich würde er um die Ecke biegen. Ich konnte es nicht fassen, ihn nun leibhaftig kennenzulernen. Ich konnte nicht glauben, dass ich nicht träümte.
Müde und ermattet schlich er daher, er kam direkt aus Hamburg vom En-Suite-Spielen. Aber in seinen Augen glänzte noch der jugendliche Schalk, wie damals Anfang der 1990er-Jahre. Die Proben gestalteten sich schwierig. Er brach auf der Probebühne leibhaftig zusammen, und ich war nahe dem nervlichen Zusammenbruch, weil ich als Spätberufener noch ein Anfänger war. Dann aber, in einem wahren Kraftakt, riss er das Stück an sich, und er riss mich mit. Er spielte den kränklichen Winston Smith, der nicht glauben kann, was um ihn geschieht, mit einer Brillanz, die Magie auf die Bühne brachte.
Einmal, während unserer Reisen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, fragte er mich: Georg, was hast du eigentlich für Ziele? Ich habe keine Ziele mehr, Jacques. Ich stehe mit dir auf der Bühne. Ich habe alles erreicht.
Wir mussten beide lachen und weinen, weil es so wahr war.
Es war tatsächlich seine letzte Theaterproduktion. Für eine geplante zweite Tournee mit ihm reichte seine Kraft nicht mehr. Am 5. September ist Jacques Breuer, wie erst vor zwei Tagen öffentlich bekanntgegeben wurde, in München gestorben.
Einer der Brüder meines Großvaters, Franz Hinterstoisser war sein Name, soll ein begnadeter Fußballspieler gewesen sein. So begnadet, dass später ein gewisser Franz Beckenbauer nach ihm benannt worden sein soll. So wurde es in meiner Kindheit erzählt. Sonst wurde über Franz Hinterstoisser wenig erzählt.
Die Legende, dass Beckenbauer nach ihm benannt ist, ist natürlich kompletter Schwachsinn, das war mir schon früh klar. Aber wieso wurde sie dauernd erzählt? Ich begann, über Franz Hinterstoisser im Familienarchiv zu recherchieren und fand heraus, dass er ein politischer Fanatiker war. Schon früh zog er aus dem bäuerlichen Elternhaus aus, das an den Hängen des Stoißbergs über dem Dorf Anger, im bayrischen Landkreis Berchtesgadener Land gelegen war, ins zwanzig Kilometer entfernte, österreichische Salzburg. In seinen Aufzeichnungen schreibt er, dass die Hinterstoissers seit Jahrhunderten eine Salzburger Familie seien, und er wolle im Zentrum des Hinterstoisserschen Universums leben, in der Stadt Salzburg, der Hauptstadt des Landes Salzburg. Er schreibt weiter, dass man es nicht hinnehmen könne, dass Bayern zuerst das Land Salzburg unter Besitz genommen, dann aber 1816 an Österreich abgetreten hat, dabei aber die linkssaalachischen und die linkssalzachischen Gebiete, den sogenannten Rupertiwinkel, das Stammland der Hinterstoissers, behalten habe und damit die Hinterstoissers von ihrer Hauptstadt Salzburg abgetrennt habe. Seitdem seien die Hinterstoissers zerrissen: Ihre Keimzelle am Stoißberg bei Anger wurde bayrisch, während ihre Hauptstadt Salzburg österreichisch wurde. Ein unerträglicher Zustand, der nun schon seit über hundert Jahren andauere, so schließt Franz seinen Eintrag aus dem Jahr 1931.
Ob und wo Franz in Salzburg seinen begnadeten Fußball spielte, konnte ich nirgends herausfinden. Ich erfuhr aus seinen Aufzeichnungen, dass er in den Untergrund ging und für den Anschluss Österreichs an Deutschland kämpfte: Wenn der Rupertiwinkel nicht mit Salzburg wiedervereint werden kann, so muss man eben größer denken, und Österreich mit Deutschland vereinen, schreibt er im Jahr 1932, und weiter: Schließlich hat sich auch Bayern von Preussen vereinnahmen lassen. Da sollte man mit Österreich, diesem südöstlichen Rumpfgebiet des deutschen Sprachraums, gleiches tun.
Für die NSDAP, die in Österreich ab 1933 verboten war, schmuggelte er Flugblätter über die Grenze, indem er nachts den Grenzfluss Saalach durchwatete: Nachts beim Durchwaten der Saalach, um Flugblätter der Partei nach Salzburg zu bringen, in den Kugelhagel von Grenzposten geraten. Ich konnte mich retten, aber die Flugblätter sind weg. Das gibt Ärger mit München. schreibt er im April 1934.
Schließlich flüchtet er aus Salzburg nach Deutschland und hält sich in den nächsten Jahren, das geht aus seinen Aufzeichnungen hervor, hauptsächlich in Kiel auf, bis er nach dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich 1938 nach Salzburg zurückkehrt. Im Juni 1938 schreibt er: Gestern die zehn Jahre jüngere Bauernmagd Johanna geheiratet. Weil man halt heiraten muss in meinem Alter.
Schon 1939, mit Kriegsbeginn, zieht es ihn wieder weg. Wohin und an wie viele verschiedene Orte, bleibt unklar, zu spärlich sind seine Aufzeichnungen. War er an der Front, oder im Binnendienst? Zweiteres ist anzunehmen, denn im Jahr 1942 schreibt er: Ich weiß nicht, ob es gut ist, dass ich so viele Leute umbringe. Ich wollte doch nur den Rupertiwinkel mit Salzburg wiedervereinen. Was mache ich hier in Buchenwald bei Weimar?
Ich habe Franz‘ Enkel Georg Hinterstoisser ausfindig gemacht, der im hessischen Eschwege, nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze lebt. Ich hoffte, durch ihn mehr über Franz Hinterstoissers Leben zu erfahren. Ich erfuhr von ihm, dass es früh endete: Er starb 1955 im Alter von 45 Jahren, man sagt, an Leberzirrhose. Georg schaute kurz betreten drein, um mich dann zu fragen, ob ich wisse, dass sein Großvater ein begnadeter Fußballspieler gewesen sei? Es heißt, er hätte in den 1930er-Jahren für die österreichische Nationalmannschaft spielen können, wollte es aber nicht. Und wie ich das sehe, fragte er weiter, ob er für die Österreicher hätte spielen sollen? Oder ob die Hinterstoissers eine deutsche Familie sind und er recht hatte, nicht für Österreich zu spielen?
Ich schwieg.
Er aber ließ nicht locker und meinte, kurze Zeit später sei es ohnehin egal gewesen. Er verstehe aber nicht, warum er dann, ab ’38, nicht für die Deutschen gespielt hat.
Ich vermute er hatte andere Sorgen, sagte ich, und reiste wieder ab aus Eschwege.
Ich liege am Diwan in der Wohnküche meiner Großmutter. Im Ofen erlöscht langsam das Feuer. Ich sehe das Licht der letzten Funken durch die Ritzen leuchten. Ich schwitze am ganzen Körper, doch es schaudert mich. Kalt läuft es mir durch den ganzen Körper. Ich ziehe die Decke näher an mich. Es hilft nicht. Ich fühle mich wie nackt im kalten Schnee nach einem grauen Tag, an dem es zu dämmern beginnt.
Ich bin der geborene Prinz, der Wunschsohn, von allen geliebt: von meinem Vater, von meiner älteren Schwester. Sagen sie. Bei meiner Mutter bin ich mir nicht so sicher. Sie schien sich dem Wunsch nach einem Sohn nicht so sicher zu sein. Sie sagt es auch nicht. Dass sie mich liebt. Ihre Liebe muss ich mir hart erkämpfen. Doch sie ist es, bei der ich Wärme spüre, wenn sie mich umarmt. Wenn mein Vater und meine Schwester mich umarmen, spüre ich deren Unbehagen, als wollten sie jedes Aufkommen von Wärme vermeiden. Umso mehr muss ich kämpfen für die Umarmungen meiner Mutter.
Im Moment kann ich nicht kämpfen. Ich bin schwach. Sie haben mich zu meiner Großmutter gegeben. Über deren Umarmungen kann ich nichts sagen: Es gibt sie nicht. Ich wickle mich noch enger in die Decke, doch die Kälte in mir will nicht weichen. Ich muss gesund werden, schnell, damit ich für die Liebe meiner Mutter kämpfen kann. Für die Liebe, die mir Wärme gibt. Doch ich bin schwach. Wo ist meine Mutter? Mein Kopf sinkt erschöpft in das Kissen.
Da erscheint ein Gesang von Harfen und Klarinetten. Warm umhüllt er mich. Ich will mich aufrichten und in ihn eintauchen. Doch er tanzt mir davon. Bleib bei mir und umarme mich! Ich will ihn aufhalten, doch ich habe keine Chance. Er weitet sich zu einem großen Orchester. Seine gewaltige Kraft katapultiert mich in den kalten Schnee, der nun von Dunkelheit umhüllt ist. Ich kauere im Schnee und sehe Engel, die über mir schweben. Ich bin zu schwach, um mich zu ihnen emporzuschwingen. Sie tanzen mir fliegend davon. Ich will ihnen nach, doch kaum habe ich mich aufgerichtet, falle ich wieder. So geht das eine ganze Zeit, bis ich merke, dass mich die letzten Kräfte verlassen. Ich sinke gebrochen in den kalten Schnee. Zitternd lasse ich mich von der Kälte einnehmen, bis ich sie vor Erstarrung nicht mehr spüre. Es wird dunkler und dunkler in meiner Welt: in einer Welt ohne Liebe. Ganz weit weg sehe ich den letzten Engel entschweben.
Plötzlich schüttelt es heftig an meinen Wangen. Ich öffne die Augen und sehe das strenge Gesicht meiner Großmutter vor mir: „Was ist denn los, Bub?“ sagt sie mit strenger Stimme: „Was träumst du denn schon wieder?“
Ich sah die dunklen Wolken kommen, sagt sie, und ging unter die Laube am Waldrand, um von dort das Treiben am Himmel zu beobachten. Kaum war ich unter der Laube, fing es zu regnen an, und kaum hatte es zu regnen angefangen, sah ich dich auf die Lichtung kommen, sagt sie, ich wollte dich rufen, dich zu mir in die trockene Laube einladen, aber dann sah ich, wie du den Regen genossest, wie du das Nass auf deinen Körper prasseln ließt, und ich ließ dich im Regen und mich in der Laube stehen. Ich ließ dir deinen und mir meinen Regen.
Als ich uns so beobachtete und wahrnahm, dass es für dich nass regnete und für mich trocken, rief sie mich an und erzählte mir, dass sie gerade in die Abendsonne schaute und dabei an mich gedacht hätte, und ich erzählte ihr, dass ich gerade im Trockenen und du im Nassen Regen erlebe, und da sagte sie, sagt sie, dass sie jetzt, obwohl sie in die Abendsonne schaue, durch ihren Anruf auch den Regen erlebe.
Seitdem nenne ich diesen Abend den Abend, an dem es dreimal regnete, sagt sie: Für sie, für dich und für mich.
Vorderbrandner sagt, in seiner Familie gebe es keine Tradition der Vornamen mit V, wie man von seinem Vornamen Valentin und dem seiner Schwester Veronika ableiten könnte. (Die ihre Töchter Valerie und Viktoria genannt hat.) Eher gebe es eine Tradition der Vornamen mit F, sagt Vorderbrandner, denn mein Vater hieß Felix, und mein Onkel, sein Zwillingsbruder, hieß Franz.
Felix und Franz, Söhne des Ferdinand Vorderbrandner, waren ein ungleiches Zwillingspaar. Felix, der ruhige, introvertierte, hatte einen traurigen und nachdenklichen Blick. Er zog sich in seine Werkstatt zurück und fertigte Dinge aus Metall, denn das hatte er lernen dürfen: Tröge, Gitter, Zäune, Tische, Stühle, Regale, aber auch maßstabgetreue Nachbildungen von Fahrzeugen, Häusern und Kirchen, und Skulpturen wie einen Reiter auf seinem Pferd. Es gab fast nichts, was er nicht aus Metall erschuf, und er war ständig am Schaffen, sodass seine Frau Eleonore, meine Mutter, sagt Vorderbrandner, über das Schaffen ihres Mannes klagte: Bei uns ist alles aus Metall! Während der Klagen seiner Frau trug Felix seinen traurigen und nachdenklichen Blick, um anschließend wieder in die Werkstatt zu gehen und weiterzuschaffen.
Felix war der tragische Teil der Zwillingsbrüder. Franz hingegen, der Jüngere, der gut zwei Stunden später aus dem Mutterbauch gekommen war, war eine Ausgeburt an Fröhlichkeit. Kam er in eine Runde, heiterte er sie mit einem Witz auf. Fiel ihm kein Witz ein, ließ er wenigstens einen lustigen Spruch von sich. Manchmal ging so ein Spruch auch zu Lasten seines Bruders Felix, wenn Franz etwa sagte: Schaut meinen tragischen Bruder Felix an, wie er traurig und nachdenklich dreinschaut. Obwohl er Felix, der Glückliche, heißt. Gäbe es mich nicht, wäre der Name Vorderbrandner ein einziges Jammertal!
Felix nahm die Aussagen seines Bruders schweigend zur Kenntnis und ging, was Franz irritierte. Aber er lächelte über seine Irritation hinweg. So wie er über alles hinweglächelte. Sein Leben schien ein einziges Lächeln zu sein.
Mir imponierte am meisten, sagt Vorderbrandner, dass Franz viel besser Fußballspielen konnte als mein Vater Felix. Das machte ihn für mich zum Star, zum Licht, und meinen Vater zum Verlierer, zum Schatten, der alleine in der dunklen Werkstatt werkt, während Franz sich von den anderen feiern lässt.
Plötzlich und unerwartet starb Felix, nicht mehr jung aber auch noch nicht alt. Das hat Franz tief getroffen. Das Hinweglächeln über alles fiel ihm fortan schwerer. Wenn Franz und ich uns begegneten, sagt Vorderbrandner, waren regelmäßig Tränen in seinen Augen. Franz! sagte ich und wollte ihn in meine Arme nehmen. Aber er ging weg und kam nach einer Weile lächelnd wieder.
Die letzten drei Jahre seines Lebens – Felix, mein Vater, war schon über zwanzig Jahre tot – hat Franz im Pflegeheim verbracht. Er schaffte es nicht mehr, hinwegzulächeln. Er saß da und schaute ins Leere. Als ich ihn einmal mit Marga, seiner Frau, besuchte, fragte sie ihn: Erkennst du ihn, Franz, den Valentin, den Sohn vom Felix? Natürlich! sagte Franz ungehalten: Natürlich!
Für einen Moment glaubte ich in seinem Blick etwas zu erkennen, das jenseits seiner Leere und seines Lächelns war.
Vergangenen Sonntag, sagt Vorderbrander, ist Franz gestorben.